Kultureller Abend im Palais Bellevue
Am Donnerstag, den 12. Dezember fand im Palais Bellevue die Präsentation des Buches „Die Kinder- und Jugendzeichnungen der Brüder Grimm und ihrer Familie“ statt, die vom Verein „Bürger für das Welterbe“, dem Literaturhaus Kassel und der Grimmwelt organisiert wurde.
Brigitte Bergholter, Vorstandsvorsitzende unseres Vereins, begrüßte die 50 Gäste und erinnerte an ein Jubiläum in diesem Jahr: 2005 wurden die Handexemplare der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm zum UNESCO-Weltdokumentenerbe erklärt.
Der Sammelband „Die Kinder- und Jugendzeichnungen der Brüder Grimm und ihrer Familie“ unter der Herausgeberschaft von Jutta Ströter-Bender, Larissa Eickermann und Susanne Völker – der neben einem umfangreichen Textteil auch einen Bildkatalog und Archivverweise enthält und zweisprachig (Deutsch und Englisch) aufgebaut ist – stellt eine bisher wenig beachtete Seite der berühmten Familie Grimm in den Mittelpunkt: Ihr zeichnerisches Talent in ihrer Jugend und in der Familie, darunter Werke des „Malerbruders“ Ludwig Emil Grimm.
Der Fokus der 16 Beiträge von sieben Autoren liegt auf den bisher unveröffentlichten Kinder- und Jugendzeichnungen der Brüder Grimm sowie deren Geschwistern und Nachkommen. Diese Werke, die hauptsächlich durch das Abzeichnen von Vorlagen entstanden, werden im Kontext der bürgerlichen Kinder- und Jugendkultur der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts betrachtet. Die Zeichnungen, die unter anderem in den Archiven der Grimm-Sammlung der Stadt Kassel gefunden wurden, geben nicht nur Einblicke in das Familienleben der Grimms, sondern zeigen auch, dass Kinderzeichnungen in dieser Zeit anders entstanden als heute. Ströter-Bender betonte, dass die Kinder und Jugendlichen akribisch und oft im Kleinformat zeichneten und dass dies ein wichtiger Weg zur Erkenntnis war.
Die einzelnen Beiträge untersuchen die Werke unter verschiedenen Gesichtspunkten, wie beispielsweise der Analyse der Motive und Techniken, der Bedeutung des kleinen Formats der Arbeiten sowie der Korrelation zwischen Schrift und Bild. Dabei wird auch der Frage nachgegangen, inwieweit die Werke als Medium der Erinnerung an die Alltagskultur und Schul- und Bildungsgeschichte ihrer Zeit fungieren können. Ein besonderes Augenmerk gilt der Rolle der Mädchen in der Familie und der Würdigung ihrer Leistungen unter Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen Sozialisationsbedingungen. So entstand unter anderem ein Werk von der elfjährigen Tochter Friederike Grimm, genannt Ideke. Aber auch von dem jungen Herman Grimm, dem Sohn Wilhelms und späteren Kunsthistoriker, gab es zum Beispiel die Zeichnung des väterlichen Arbeitszimmers.
Das Buch „Die Kinder- und Jugendzeichnungen der Brüder Grimm und ihrer Familie“ wirft ein neues Licht auf das Leben und Wirken der Brüder Grimm und ihrer Familie und ist eine wertvolle Ergänzung, denn der Band richtet sich nicht nur an Forscher und Wissenschaftler, sondern auch an Märchenliebhaber, Lehrer und alle, die sich für die Familie Grimm und ihre Zeit interessieren.
Der Abend im Palais Bellevue war somit nicht nur eine Buchpräsentation, sondern auch eine Reise in die Vergangenheit, die den Gästen einen neuen Blickwinkel auf die berühmten Brüder Grimm ermöglichte. Insgesamt bietet der Sammelband eine spannende Entdeckungsreise in die Welt der Kinder- und Jugendzeichnungen der Familie Grimm und trägt dazu bei, diese Werke als wichtigen Teil des kulturellen Erbes anzuerkennen.
Buch-Cover:
Jutta Ströter-Bender, Larissa Eickermann, Susanne Völker
„Die Kinder-und Jugendzeichnungen der Brüder Grimm und ihrer Familie. The Childern,s and Youth oft the Brothers Grimm and Family“, Kontext, Band 38.
384 Seiten, 94 Euro, Tectum Verlag
ISBN (Print) 978-3-8288-4904-4, ISBN (ePDF) 978-3-8288 -5032-3, ISSN 1868-6060 (Andrea Richter)
Text und Bild: Sonja Rossettini
v. l. n. r: Brigitte Bergholter (Bürger für das Welterbe Kassel e.V.), Jutta Ströter-Bender, Susanne Völker, Larissa Eickermann und Dr. Thomas Bündgen (Literaturhaus Kassel)

