Wenn Bäume Geschichten erzählen | Mit Gärtnermeister Thomas Huck unterwegs durch die Karlsaue
Jeder Baum hat eine Geschichte. Und Thomas Huck kann sie erzählen, so anschaulich, so lebendig. „Dann reckt er sich plötzlich zum großen starken Baumwipfel empor und sinkt plötzlich zusammen zu einem dünnen, nicht mehr lebensfähigen Baum“. Bereits in seiner Jugend hat Huck die Arbeit in der Kasseler Karlsaue aufgenommen, ist heute Gärtnermeister der HKH, streift täglich über die Wege und die Wiesen, schaut sich seine Baum-Zöglinge an und weiß, was zu tun ist. „Ich betreue sie mit viel Leidenschaft“, sagt er zu uns, und wir glauben es ihm sofort.
Jeder Baum erzählt eine Geschichte, der junge, engagierte Gärtnermeister läuft mit uns an diesem Morgen durch die Aue, die ein beeindruckendes Zeugnis von der Gartenkunst der vergangenen Jahrhunderte abgibt. Denn erst ab 1680 begann die Gestaltung der barocken Karlsaue, später dann wurde aus dem Park mit den geraden Wegachsen ein romantischer Landschaftspark. So ändern sich die Zeiten und die Moden, auch in den grünen Gefilden. Und Huck weiß auch noch zu berichten, wie in den 80er Jahren die Statik der Bäume durch damals übliche Schnittmaßnahmen massiv beschädigt wurde. „Das war damals Stand der Technik“, sagt er und blättert in seinem Foto-Katalog. Damals und heute … Inzwischen werden auch Stämme als Habitat stehen gelassen, sie sind dann Schutzraum für Insekten und anderes Getier. Nicht alles wird eben abgeholzt. Der Naturschutz spielt heute in der Gartenpflege eine große Rolle, darauf weist Huck bei unserem Gang durch die Aue immer wieder hin.
Es gibt Raritäten im Park, wie die innen hohle Stieleiche, die wohl auf 450 Jahre geschätzt wird: Sie wurde gepflanzt, als die Karlsaue noch ein kleiner Renaissancegarten war. Inzwischen ist die Eiche 32 Meter hoch und hat einen Stammumfang von acht Metern. Diesen Baumkoloss, der Blitzeinschläge und Kriege überstanden hat, kann man heute nicht mehr umarmen. Zu den Jahrhundertbäumen in der Kasseler Karlsaue gehört auch die farnblättrige Buche mit einer wahrscheinlichen Lebensdauer von etwa 100 Jahren. Dominant unter dem 10.000 Bäumen im Park sind jedoch die Eichen mit 1/3 der über hundert Jahre alten Bäume.
Wie eine Installation mutet dann auch die barocke Achse von gerade gepflanzten Eichen an den Wegen an. Der schönste Blick ist eben immer der, der schnurstracks direkt zur Orangerie führt. Viele documenta Künstler haben das genutzt. Der Park als lebendiges Kunstwerk, auch das ist eine Erzählung von unserem liebenswerten Parkführer an diesem Sommervormittag in der Karlsaue.
Von Juliane Sattler-Iffert
Vita: Thomas Huck, heute 40 Jahre alt, ist einer von drei Gärtnermeistern in der Karlsaue und zuständig für den Park Karlsaue. Mit 16 Jahren begann er als Gärtnerlehrling seinen geliebten Beruf in der Ägide von Karl-Heinz Freudenstein. Nach Abschluss seiner Ausbildung arbeitete er in der Parkpflege, dem Bereich Rosenhang und umsorgte die Kübelpflanzen vor der Orangerie. Von 2008-2009 bildete er sich in einer einjährigen Ausbildung in Hannover weiter zum Gärtnermeister. Heute ist er für die Bereich Baum und Parkpflege in der Karlsaue zuständig. Seit 2015 wohnt Thomas Huck auch im Holzhaus des Betriebshofes, dem ehemaligen Parkleiterhaus.