„Wilhelms Schwäche für Ruinen“

Ein starker Diskussionsimpuls! War es diese Schwäche für Ruinen? War es nicht eher auch das Interesse an der Person des Referenten Rainer Prinz von Hessen, der in seiner Person die dynastischen Traditionen „der Hessens“ und seine kunsthistorische Kompetenz miteinander vereinbaren konnte, die diesen Abend zu einem Erfolg haben werden lassen?

Beides hat wohl dazu geführt, dass sich über 60 interessierte BürgerInnen Kassels, dazu auswärtige Gäste und wissenschaftliche Experten an diesem Abend zusammen fanden, um einem Vortrag mit anschaulicher Bildpräsentation zu folgen. Die klare Vortragsweise zweier Redner – Rainer von Hessen und Friedrich Forssman – trug zum konzentrierten Verständnis bei. Die Faszination des Themas verstärkte sich im Laufe des Abends merklich, als deutlich wurde: Die Vorliebe für Ruinenbauten kann als lebensbegleitendes Motiv angesehen werden, mit dem der hessische Landesherr, während zeitgleich die Hinrichtung des französischen Königs und die Eroberung der bedeutendsten Festung des Hauses Hessen – Rheinfels – durch die französischen Revolutionstruppen zu verkraften waren, seine Rückbindung an mittelalterliche Traditionen signalisieren und zur Grundlage zukünftiger Entwicklungen machen wollte; es entstanden ruinenartige Bauten zunächst in Wilhelms frühen Aufenthaltsort Hanau und seit seiner Regierungsübernahme in Kassel 1785 besonders im Gelände des Parks, so u. a. der Bau der Löwenburg und der Schlossneubau „ auf dem Weissenstein“. Die Zuhörer zeigt en sich äußerst überrascht von den Bauplänen Wilhelms: Er plante mitten auf dem heutigen Schlossberg ein Denkmal für seinen Urgroßvater Landgraf Karl, lange zögernd, ob dort nichtmittig die Ruine eines „klassischen“ Tempelbaues gebaut werden könne.

Selbst die Pläne für den Weißensteinflügel lassen auf den gezeigten Bauplänen Einzelheiten ruinenhafter Bauweise erkennen. In der folgenden Diskussion zeigt en sich viele Zuhörer einig darin, dass solche Stilelemente an den Parkarchitekturen in Wilhelmshöhe erkennbar und wahrnehmbar bleiben müssten, also bei Restaurierungen geschützt werden sollten. Die Diskussion um die ursprünglichen Planungen des Weißensteinflügels brachte dabei einige Aspekte zum Vorschein, die es wert sein können, in einer neuerlichen Veranstaltung präsentiert und besprochen zu werden. Wir kommen darauf in 2022 zurück.

Gern hätten wir Ihnen folgendes Buch des Herrn von Hessen empfohlen, das leider aber inzwischen vergriffen ist. Es kann weiterhin antiquarisch erworben oder in der Stadt- oder Universitätsbibliothek ausgeliehen oder eingesehen werden.

Die Hessens, Geschichte einer europäischen Familie
erzählt von Rainer von von Hessen, Hg. Kulturstiftung des Hauses Hessen, Museum Schloss Fasanerie,
(Imhof Verlag) 2016

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